Grussworte

Grusswort von Prof. Dr. Angelika Zegelin, Krankenschwester, Pflegewissenschaftlerin

Liebe AKTX- KollegInnen,
hier kommen ein paar Gedanken zum Thema Berufsstolz von mir – leider kann ich auf Ihrer Tagung nicht sprechen. Ende 2020 habe ich zum Thema ein Buch gemacht, zusammen mit German Quernheim, es ist ein Bestseller geworden. Stolz ist eine innere Einstellung, eine Haltung – mit kognitiven, emotionalen und Handlungskriterien.
Ja, wir brauchen Selbstbewusstsein und haben auch allen Grund dazu. Fachpflegende helfen Menschen wieder in ihren Alltag hinein, trotz Krankheit und jeder Mensch ist einzigartig. Dazu brauchen wir viel Fachwissen und viel Empathie. Gerade in der Pflege Transplantierter wird das offensichtlich, ohne Ihre Arbeit würden die Patienten nicht überleben. Wir alle sollten die positiven Seiten unseres Berufes betonen, an der Beseitigung der schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten. Pflege ist ein toller Beruf, sinnvoll, vielfältig, weltweit gesucht – niemals können wir durch Roboter ersetzt werden. Herausstellen sollten wir auch, dass es viele Karrieremöglichkeiten gibt.

Leider ist die öffentliche Wahrnehmung nicht gut, irgendwie ist die Sache wichtig und edel, aber Eltern raten eher von der Berufswahl ab: anstrengend, den Ärzten schmutzige Arbeit abnehmen, wenig Geld. Den Begriff „Pflegekräfte“ lehne ich ab, damit sind ja alle Beschäftigten gemeint, auch die osteuropäischen Haushaltshilfen. Die Mindestlohn-Tarifdebatten schaden dem Pflegeberuf. Das „Fachliche“ muss deutlicher gemacht werden. In den Medien gibt es ein völlig schiefes Bild: da sitzen Ökonomen und Juristen als Pflegeexperten, pflegende Angehörige in Talkshows über Pflege, niemand versteht den Unterschied zwischen SGB V und SGB XI.
In der Praxis sind für uns deutliche Abgrenzungen und Zuordnungen wichtig, Skill- und Grademix sollten durchgehalten werden. Leider klappt das in Deutschland kaum, im Grunde kann jedeR alles machen – dadurch verwischen sich die Grenzen. Das ist international völlig anders, Berufspflegende sind stolz, verteilen Visitenkarten, treten mit „Haltung“ auf, stellen sich professionell vor. Sie sind vielmehr akzeptiert von allen Seiten, auch von den Medizinern. Sie sind Mitglied in mehreren Verbänden, dies zahlt sich aus. Ihr Wirken reicht bis in die oberen Politikstufen.

Für die Fehlwahrnehmung hierzulande sind wir mitverantwortlich, wir schalten uns kaum in öffentliche Debatten ein, achten nicht auf Pflege-Darstellung in unseren Einrichtungen: Homepage, Pflege-Newsletter, Schilder in der Eingangshalle. Wir sind aufopferungswillig und stumme DienerInnen, wie vor 80 Jahren – bei Stress arbeiten wir eiliger, reduzieren wichtige Aufgaben. Viele KollegInnen haben stets ein „schlechtes Gewissen“.
Für mich war auch das grandiose Buch „Der Pflege eine Stimme geben“ von Buresh/Gordon wichtig. Diese beiden US-Journalistinnen zeigten die Leisetreterei der Pflege auf. Wir können an unserem Image etwas ändern, Nachwuchs gewinnen. Ich melde mich nach Talkshows, schreibe Leserbriefe und sorge für kleine positive Meldungen über Pflege in den Lokalzeitungen. All dies können Sie auch tun: stellen Sie Ihre Arbeit heraus, reden Sie mit der Kommunikationsabteilung in Ihrer Klinik. Normalerweise nehmen Bürger die Pflege nur als Skandal-oder Kostenfaktor wahr. Viele Berufspflegende berichten belanglos über ihre Arbeit „durchgehen“, „Bettenmachen“ – Buresh und Gordon raten dazu, stets drei Beispiele parat zu haben, um kurz die kompetente Arbeit vorzustellen.

Das Wichtigste zum Schluss: wir müssen uns mehr organisieren !
Wir brauchen einen Verband mit 200.000 Mitgliedern mit einer ständigen Präsenz in Berlin. Vorbild für mich ist der Marburger Bund, zunächst Berufsverband ist er durch Mitgliederzuwachs zur Gewerkschaft geworden. Politik ist Ausgleich organisierter Interessen – wer nicht organisiert ist spielt keine Rolle. Die Pflegeberufe sitzen in keinem Entscheidungsgremium im Gesundheitswesen, es ist auch schlimm, dass die Pflegenden nicht informiert sind über diese Zusammenhänge (Ausbildung/Studium). Es gibt keine Lobby, weil die Pflegenden nicht dafür sorgen – die Schafzüchter sind besser aufgestellt. Jammern ist zwecklos, aus Mitleid werden die anderen Akteure nicht beiseite rücken. Auch das Klagen in den sozialen Netzwerken ist sinnlos, ebenso wie die vielen Aktionen, ob örtlich oder auch die bundesweite Petition. Mir fallen mindestens 20 Aktiönchen ein, „5 vor Zwölf“ hiess eine Bewegung 2014 -all dies ist nett, hat einen Unterhaltungswert. Wir schieben einen jahrzehntelangen Reformstau vor uns her, die Pflegeberufe sind bequem für die Politik. Heilkundeübertragung, Forschungsfinanzierung, Mindestbesetzung um nur wenige Themen zu nennen. Eine ZEIT-Autorin sprach neulich von „Selbstverzwergung“ der Pflege, das stimmt, sie wunderte sich über die Ablehnung der Pflegekammern. Ich verstehe das auch nicht. Pflegende sind teamorientiert, sie fangen jeden Mangel auf, verzichten und verstärken dadurch den Notstand. „Geht doch“, sagte neulich ein Geschäftsführer zu mir.

Liebe Pflege-Profis in den Transplantationsfeldern: bitte treten Sie mit ein für unseren wichtigen Beruf ! Ein guter Schritt wäre, wenn die vielen kleinen Grüppchen und Fachgesellschaften sich zu einem Dachverband zusammenschliessen, das Wirken und Auftreten eines Verbandes kann man ändern durch engagierte Mitglieder. Wir sind über eine Million Fachpflegende, wir brauchen e i n e n machtvollen Verband. Genaue Zahlen zur Berufspflege sind nicht bekannt, weil sie nicht erhoben werden. Ich wünsche uns und dadurch auch den pflegebedürftigen Bürgern eine bessere Zukunft, auch durch stolze und organisierte Fachpflegende.
Herzlichst

 

Angelika Zegelin
Angelika Zegelin, Juli 2021, www.angelika-zegelin.de, kontakt@angelika-zegelin.de

Grußworte des Oberbürgermeisters

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer des AKTX Pflegesymposiums, 
zum diesjährigen und mittlerweile 25. Symposium begrüße ich Sie im Namen der Landeshauptstadt Stuttgart ganz herzlich.

Ich freue mich sehr, dass die Jubiläumsveranstaltung in Stuttgart stattfindet und be-dauere gleichermaßen, dass die Schwabenmetropole nur virtuell Ihr Gastgeber sein darf. Die Veränderungen in der Arbeitswelt, hin zu mehr digitalen Formaten, sind schon fast Alltag geworden. Nicht aber die anderen Folgen der Pandemie, die uns enorm viel abverlangt haben und es immer noch tun. Niemand weiß dies besser als Sie, die in Ihrer täglichen, herausfordernden Arbeit direkt mit dem heimtückischen Virus konfrontiert sind. 

Die Transplantationsmedizin stellt bereits ohne die pandemischen Bedingungen ganz besondere Anforderungen an die Pflegerinnen und Pfleger: Zum einen die ho-he soziale Kompetenz im Umgang mit schwer kranken Menschen, die auf eine Lebenschance durch ein Spenderorgan hoffen. Zum anderen eine ausgewiesene fachliche Expertise auf ihrem Gebiet, bei der das interdisziplinäre Arbeiten eine immer größere Rolle spielt. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass es im Fall von bedrohlichen Erkrankungen Ärztinnen, Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger gibt, die evidenzbasiert für die bestmögliche Behandlung ihrer Patientinnen und Patienten Sorge tragen. Symposien wie das Ihre dienen nicht nur dazu, Fachwissen auf dem neusten Stand zu halten, sondern bieten auch eine hervorragende Gelegenheit für einen kollegialen Austausch und die so wichtige Vernetzung. Den Verantwortlichen des Arbeitskreis Transplantationspflege e.V. danke ich daher für die Organisation der Veranstaltung, für die wertvolle verbandliche Arbeit zur Qualifizierung des Fachpersonals sowie für das Engagement im Bereich des Wissens- und Erfahrungsaustausches. 

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer, gerne möchte ich die Gelegenheit nutzen, auch Ihnen Dank und meine Anerkennung für Ihre Arbeit auszusprechen. Ihr heil-bringender Einsatz für die Menschen kann gar nicht genug wertgeschätzt werden. Ich freue mich, dass Sie als Transplantationspflegende gleichzeitig auch Botschafter*innen für die Organ- und Gewebespende sind. Diese dürfen wir gerade in Pandemiezeiten nicht aus dem Auge verlieren. Die Steigerung der Spendenbereitschaft bleibt nach wie vor eine große Gemeinschaftsaufgabe, um möglichst vielen Menschen rasch eine lebensrettende Transplantation zu ermöglichen. 

Ich wünsche Ihnen alles Gute, ein interessantes und spannendes Symposium mit vielen wertvollen Impulsen und würde mich sehr freuen, Sie auch einmal persönlich in unserem schönen Stuttgart begrüßen zu dürfen.

Dr. Frank Nopper
Dr. Frank Nopper

Grußwort des Bundesministers Jens Spahn

Das Coronavirus SARS-CoV-2 und die Pandemiebekämpfung bestimmen seit gut anderthalb Jahren unseren Alltag. Der Stellenwert der Versorgung schwer erkrankter Patientinnen und Patienten in unseren Krankenhäusern insbesondere auch auf den Intensivstationen ist durch diese besondere Herausforderung einmal mehr sehr deutlich geworden. Zugleich gibt es Patientinnen und Patienten, die wegen schwerwiegender Erkrankungen auch jenseits von Corona auf eine hochprofessionelle Versorgung und Pflege angewiesen sind. Dazu gehören Menschen, die auf ein dringend benötigtes Spenderorgan warten.

Die Zahl der Organspenden ist in der Zeit der Pandemie annähernd stabil geblieben, vergleichbar mit dem Niveau Ende 2019. Dafür gebührt den Beschäftigten auf den Intensivstationen in diesen Zeiten großer Dank und Anerkennung für ihren unermüdlichen Einsatz!

Dennoch warten in Deutschland gegenwärtig etwa 9 000 Menschen auf ein Organ. Die Wartezeiten sind vielfach sehr lang. Zu viele Menschen sterben, während sie auf ein lebensnotwendiges Organ warten. Die Förderung der Bereitschaft zur Organspende und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Organspende sind deshalb zentrale Anliegen der Gesundheitspolitik. Der Gesetzgeber hat in der letzten Legislaturperiode deutlich verbesserte Rahmenbedingungen für Strukturen, Abläufe sowie Finanzierung des Organspendeprozesses in den Entnahmekrankenhäusern geschaffen. Die gesetzlichen Maßnahmen werden begleitet durch den Gemeinschaftlichen Initiativplan Organspende, in dem alle Akteure eingebunden sind.

Für das Gelingen einer Organspende ist die Zusammenarbeit der Transplantationsbeauftragten und der Beschäftigten aller anderen Fachdisziplinen und Berufsgruppen von enormer Bedeutung. Wir wollen deshalb, dass das medizinische und pflegerische Personal für das Thema Organspende sensibilisiert wird. Die Pflegekräfte in der Transplantationspflege haben eine zentrale Rolle. Die hohen Anforderungen an die Pflegekräfte in der Transplantationspflege sind vielfältig – vor, während und nach einer Organtransplantation. Sie benötigen neben fachlichen Kenntnissen ausgeprägte soziale Kompetenzen bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten sowie der Betreuung der Organtransplantierten und ihrer Angehörigen. Die Transplantationspflege leistet damit einen unverzichtbaren Beitrag in der Versorgung organtransplantierter Patientinnen und Patienten.

Bei unseren gesundheitspolitischen Bemühungen für die Themen Organspende und Transplantation geht es uns immer auch darum, in der Gesellschaft ein stärkeres Bewusstsein dafür zu fördern. Ich sehe es als einen Meilenstein, dass wir im Deutschen Bundestag intensiv über die Neuregelung der Organspende debattiert haben. Das hat weit über den politischen Raum ausgestrahlt. Das Bundesministerium für Gesundheit treibt nach der Entscheidung des Deutschen Bundestages für das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende unter Hochdruck die Umsetzung voran. So sollen ab nächstem März auch Hausärzte für die Aufklärung zur Organspende eine zusätzliche Vergütung erhalten und stehen damit als unmittelbare Ansprechpartner für das Thema zur Verfügung. Zudem wird im März nächsten Jahres ein Online-Register für Organspende-Erklärungen eingeführt. Und wir nehmen weiterhin das Thema Lebendspende in den Blick.

Viele Maßnahmen werden erst verzögert wirken. Die Coronavirus SARS-CoV-2-Pandemie erschwert die Umsetzung. Doch wir sind uns bewusst, wie wichtig es ist, neben der pandemischen Lage andere Versorgungsbereiche – wie die Transplantationsmedizin – weiterhin im Blick zu behalten. Ich danke dem Verein AKTX Pflege e. V. sehr herzlich für alle Unterstützung dabei. Ihr Einsatz ist von lebenswichtiger Bedeutung für die Menschen, die auf ein Organ warten. Für den Austausch darüber wünsche ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern am diesjährigen AKTX Symposium eine erfolgreiche Veranstaltung und einen erkenntnisreichen Verlauf.

Jens Spahn
Jens Spahn
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